Gibt es nur ein Entweder-oder? Oder wäre auch ein ergänzendes Miteinander möglich?
Immer wieder werden autonom fahrende Elektrobusse als Alternative zur Reaktivierung der Steigerwaldbahn genannt. Solche Elektrobusse werden u.a. von ZF in Schweinfurt entwickelt. Es gibt auch bereits Pilotstrecken, z.B. in München, Brandenburg, Aachen und Friedrichshafen.
Eignet sich autonomes Fahren auf einer 50 km langen Strecke zwischen Kitzingen und Schweinfurt?
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat sich intensiv mit dieser Frage befasst und kommt zu folgendem Ergebnis:
- Die Trasse ist für die Kombination von Busverkehr mit Radweg viel zu schmal – dort würden selbst zwei Busse sich nicht begegnen können; und außerdem ist sie unnötig, da Radwege und Straßen, auf denen Busse fahren können, parallel bereits existieren.
- Autonome Busse bringen gegenüber einer Bahnstrecke oder einem konventionellen Busverkehr keinerlei technologische Vorteile, im Gegenteil: Die auf dem Markt erhältlichen autonomen Busse fahren höchstens 15 km/h und haben wenige Sitzplätze pro Bus; das bedeutet, ein autonomer Bus würde für die Gesamtstrecke 7 Stunden brauchen, und alleine für die Bedienung des Abschnittes Sennfeld –Schweinfurt bräuchte man 40 Busse.
- Der Vorschlag, eine Pilotstrecke für autonomes Fahren einzurichten, zeigt ein tiefgreifendes Unverständnis der Technologie Autonomes Fahren, weil diese ja gerade dadurch weiterentwickelt wird, dass die Fahrzeuge lernen, mit den unterschiedlichsten Situationen des normalen Straßenverkehrs klarzukommen, was auf einer autonomen Fahrzeugen vorbehaltenen Sondertrasse nicht möglich ist.
- Die Frage, wie die Kreuzung der Strecke mit „normalen“ Straßen funktionieren soll, ist völlig ungeklärt, sowohl technisch als auch finanziell, während diese Dinge im Falle von Bahnübergängen klar geregelt sind.
Mit nur 15 km/h auf einer 50 km langen Strecke unterwegs? Niemand wird erwarten, dass angesicht der extrem langen Fahrzeiten viele Menschen dieses Verkehrsmittel nutzen würden. Zugegeben: die Entwicklung geht weiter und die Fahrzeuge werden schneller werden. Der E-Mover von ZF kann zwar bereits 70 km/h erreichen. Doch bis autonom fahrende Fahrzeuge die geplante Geschwindigkeit der Bahn (80 km/h nach Ausbau) in der Praxis erreichen und auch im öffentlichen Verkehr fahren dürfen, wird noch einige Zeit vergehen. Zudem fährt bei den Pilotprojekten noch immer zur Sicherheit ein Fahrer mit.
Vor allem: Wer baut die neue Straße auf der alten Bahntrasse? Wer überrnimmt die Baukosten, wer übernimmt den laufenden Unterhalt, wer zahlt für den Räumdienst im Winter? Wie sind die Kreuzungen gesichert? Welchen Rechtsstatus hat diese neue Straße? Wer baut und unterhält den ebenfalls geforderten parallel Radschnellweg?
Fragen, Fragen, Fragen. Alles ungeklärt. Die Gemeinden würden sich eventuell die Augen reiben, wenn sie erführen, welche Aufgaben auf sie zukommen.
Und wäre es nach den Gegnern der Bahnreaktivierung gegangen, wäre die Strecke längst nicht mehr vorhanden und das Grundstück in kleine Parzellen verkauft. Denn wird die Strecke rechtlich als Bahnstrecke entwidmet, hat sie keinen Schutz mehr und der Eigentümer (eine Gleisrückbaufirma) könnte diese an die meistbietenden Interessenten verkaufen. Das „Luftschloss“ der autonomen E-Busse wäre geplatzt!
Meine Meinung: autonom fahrende E-Busse werden kommen. Allerdings in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch nicht als Regionalbusse, die kilometerweit durch ländliche Regionen fahren, sondern im innerstädtischen Verkehr, als Zubringer zu Bahn, U- und S-Bahn.
Denkbar in unserer Region wäre damit die Anbindung der Steigerwaldbahn zwischen Großlangheim und Kitzingen-Bahnhof (als Alternative zum Bahn-/Straßenbahn-konzept), in Schweinfurt als Anbindung der Steigerwaldbahn zwischen Sennfeld, der Innenstadt von Schweinfurt weiter zu den Standorten der Hochschule und zum Endpunkt Hauptbahnhof oder auch z.B. in Gerolzhofen als Zubringer zur Bahn.
Diese Entwicklung ist aus meiner Sicht zu fördern. Pilotprojekte mit der Fa ZF in Schweinfurt sind hier sehr sinnvoll und würden von mir unterstützt.
Moderne und attraktive Mobilität braucht kein Gegeneinander der verschiedenen Systeme, sondern die Verkehrssysteme müssen sich ergänzen und aufeinander abgestimmt werden.
Es ist sehr bedauerlich, dass bestimmte Kreise, vor allem in der CSU, nur gegen die Reaktivierung einer modernen Steigerwaldbahn arbeiten und nicht erkennen, welches großes Potential hier für die Region zwischen Main und Steigerwald hier liegt. Ich meine, dies schadet der Region. Mein Apell: lassen Sie uns die bestmögliche Lösung für die Region gemeinsam suchen: Steigerwaldbahn + autonom fahrende E-Busse. Ersetzen wir das „statt“ durch ein „und“. Ebenfalls sollten niemand mehr von alten, lauten, schmutzigen Dieselzügen sprechen. Moderne Bahnfahrzeuge sind leise, sauber, fahren ebenfalls mit E-Akkus oder Wasserstoff. Sachliche, kontroverse Diskussion Ja, Fakenews und Unterstellungen Nein.
Thomas Vizl
Mitglied im Stadtrat Gerolzhofen und im Kreistag Schweinfurt