Liebe Freundinnen und Freunde,
sehr geehrte Damen und Herren,
schauen wir auf dieses Jahr 2022 zurück, so können wir sagen: Es kam schlimmer, als wir uns das zu Beginn vorstellen konnten. Zu Jahresbeginn waren wir noch in einer Pandemie gefangen und diskutierten heftigst über Lockdowns und mögliche Impfschäden, so wurde uns im Februar gezeigt, wie dünn die Schale unserer Zivilisation selbst in Europa ist.
Putin greift mit Panzern, Raketen und Bomben das Nachbarland Ukraine an. Wir sind fassungslos und müssen unsere Positionen, von denen wir lange glaubten, sie seien unverrückbar, neu festlegen. Statt Frieden schaffen ohne Waffen, liefert auch Deutschland der Ukraine zur Verteidigung Waffen und Munition.
Und wieder müssen Turnhallen zu Flüchtlingsunterkünften umgenutzt werden. Und wieder ist die Hilfsbereitschaft auch bei uns in Gerolzhofen groß. Ich finde es richtig, dass wir der Ukraine bei der Selbstverteidigung helfen. Die Ukraine verteidigt stellvertretend für uns ein freies Europa und die Werte der Demokratie, Toleranz und Menschenrechte. Die Geschichte hat gezeigt, dass (Menschenver-) Führer wie Putin nicht haltmachen und – sofern ihnen nicht klare Grenzen aufgezeigt werden – weitere Staaten überfallen werden. Denken wir an das Sudetenland, Österreich, die Tschechoslowakei und an den Überfall auf Polen in den 1930er Jahren durch Hitler-Deutschland. Ich weiß, Vergleiche hinken, aber der Blick in die Geschichte ist oft leerreich. Die Angst in den Baltischen Staaten, in Georgien und in Moldavien scheint berechtigt.
Dafür müssen wir auch in Deutschland die hohen Energiepreise in Kauf nehmen, die bei uns zu wirtschaftlichen Verwerfungen, sozialen Problemen und zu einer hohen Staatsverschuldung führen. Und es bleibt die Angst, dass der Krieg noch lange andauert und auch weiter eskalieren könnte. Hier müssen wir darauf vertrauen, dass unsere Verantwortlichen in der Bundesregierung und in den anderen europäischen Ländern sowie in den USA verantwortungsvoll handeln.
Über allem schwebt auch weiterhin der Klimawandel. Der Klimawandel, der seit den 1980er Jahren von Wissenschaftlern und vorausschauenden Politikern (ja, die gibt es auch) vorhergesagt wurde, ist da. Er lässt sich nicht mehr vermeiden, sondern nur noch abmildern. Und so wie es momentan ausschaut, wird es katastrophal. Die heute jungen Leute werden es besonders abbekommen. Deshalb habe ich auch Verständnis für Aktivist*innen, die verzweifelt versuchen auf dieses Problem aufmerksam zu machen und von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wirkliche Maßnahmen einfordern, keine Placebos. Andererseits heiligt der Zweck nicht die Mittel.
‚Wenn, dann g’scheit!‘
„Wir verstehen uns als agile und mutige Kleinstadt im ländlichen Raum.“ So sieht der Stadtrat unser Städtchen. Und der Leitsatz des städtischen Leitbildes lautet ‚Wenn, dann g’scheit!‘. Nach jahrelanger Diskussion hat der Stadtrat ein Leitbild verabschiedet. Wir haben mitgestimmt, damit diese Diskussion endlich zu einem Ergebnis und Abschluss kommt.
‚Wenn, dann g’scheit!‘ gilt zumindest für die Ansiedlung von Logistikunternehmen. Nach Norma wird sich jetzt die Fa Schäflein an der Mönchstockheimer Straße bei Rügshofen niederlassen. Wer sich eine solche Niederlassung ansehen möchte, kann dies im Gewerbegebiet zwischen Schwebheim und Röthlein tun. Die von uns in mehreren Stadtratssitzungen thematisierten Probleme der Flächenversiegelung, LKW-Verkehre, Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern wurden nicht ausreichend berücksichtigt und werden Gerolzhofen aber mit Sicherheit in den nächsten Jahren und Jahrzehnten ausführlich beschäftigen.
Grund- und Mittelschule: Sanierung oder Neubau?
Seit Jahren beschäftigen sich der Stadtrat, die Verwaltung und auch die beteiligten Nachbargemeinden mit dem erforderlichen Neubau oder einer Sanierung der Grund- und Mittelschule in Gerolzhofen. Nachdem lange über den zukünftigen Standort debattiert wurde, ging die Diskussion der vergangenen zwei Jahre über Neubau oder Generalsanierung mit Teilneubau. geo-net hat sich in den vergangenen Jahren für die Variante mit der Generalsanierung ausgesprochen, weil wir diese Variante für nachhaltiger und klimaschonender halten. Im Rohbau der vorhandenen Gebäude steckt vor allem Beton. Die Herstellung eines Kubikmeters Stahlbeton erzeugt ca 0,35 Tonnen CO2-Äquivalente. Ein gesunder Baum braucht mindestens 10 Jahre, um diese Menge CO2 zu binden. Neben dem Kostenvorteil gibt es auch noch weitere Gründe für eine Sanierung, statt Neubau. Die Barrierefreiheit läßt sich nach unserer Meinung auch durch Teilabriss und Teilneubau erreichen. Unser Argumente haben die Mehrheit des Stadtrats und die Verwaltung nicht überzeugt, so dass momentan der Neubau beschlossen ist. Bereits heute zeichnet sich eine Kostenexplosion ab, da neben den aktuellen hohen Preisen auch zahlreiche bisher nicht berechnete Kosten hinzukommen: Provisorien zwischen Abriss und Neubau, Verlagerung des vorhandenen Parkplatzes, Bushaltestelle usw.
Ansiedlung von Logistikunternehmen und Schulneubau sind nur zwei Themen, bei denen wir anderer Meinung sind, als die Mehrheit von Stadtrat und Verwaltung. Trotzdem legen wir immer Wert auf eine konstruktive Opposition und bringen gute Ideen in die Diskussion ein und können in zahlreichen Fällen auch Mehrheiten erreichen.
Was muss sich im Jahr 2023 ändern?
Klimaschutz, begrenzendes Flächenmanagement, Energieversorgung aus regenerativen Quellen, sichere und ökologische Mobilität, Personalaquise müssen in den Mittelpunkt aller Bereiche der Stadtpolitik gestellt werden.
Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.
(Aristoteles, 384-322 v.Chr., griechischer Philosoph)
Die geo-net – Fraktion wird auch im Jahr 2023 weiterhin in diesem Sinne handeln und nachhaltige Positionen im Stadtrat vertreten.
Thomas Vizl, Fraktionssprecher